Highway to Fotze

Sebastian Dannenberg an der Helenstraße - Juli 2021

Die Bremer Rotlichtecke liegt mitten im Viertel. Eine kleine Gasse führt auf ein Tor zu und dahinter sind die kleinen Häuschen der Helenenstraße, in denen sich Prostituierte – respektive Sexarbeiterinnen, wie man sie heute nennt – verdingen. Das Tor war früher ein richtiger Sichtschutz, alles dahinter war verdeckt. Heute ist es, nach langen Diskussionen in Ortsbeiräten und dem Senat, halboffen, irgendwas mit Sichtbarkeit usw. … so weit, so hilflos sozialdemokratisch. Die Airbrush Pin-Ups, die die hinführende Gasse zierten, passten dann auch nicht mehr. So wurde eine Ausschreibung ‚Kunst im öffentlichen Raum‘ gestartet und es wurden Konzepte für diesen Ort eingereicht. So weit, so… naja hatten wir schon.

Der Gewinnerentwurf wurde nun realisiert. Der 1980 geborene Konzeptkünstler Sebastian Dannenberg, durch Ausbildung und diverse Preise eng mit Bremen verbandelt, durfte also ran da. Und er ist rangegangen. Mutig mutig. Airbrush Pin-Ups weg. Die Wand weiß gestrichen und in großen schwarzen Lettern auf die eine Seite der noch öffentlichen Seite steht nun ‚IN BETWEEN‘, auf der anderen Seite das gleiche, quasi als Spiegel. Dem vorbeiflanierenden bürgerlichen Publikum gefällt‘s. Das sieht doch nach was aus. Lawrence Weiner is crying in the background.

Aber was soll das denn? ‚IN BETWEEN‘, was heißt das eigentlich? Dazwischen sein. Halbwelt. Hier vorne das normale und dahinter das halbseidene Leben? Und diese Gasse ist das dazwischen? Ja, so einfach ist es wohl. Nur: die Gasse wird durch die Dynamik der Grafik zu den Innenseiten zweier Schenkel, das halboffene Tor zu Schamlippen. Highway to Fotze. Das alleine ist eigentlich schon doof genug. Zusätzlich – und das macht es richtig ärgerlich – ist es nicht vorstellbar, dass der (Auf)Streber Künstler diese Arbeit etwa an die Gasse zu einem Oberstufentrakt (Between Kindheit und Erwachsenenleben) angebracht hätte. Nein, er tut es ganz explizit an diesem Ort. Er tut es aber nicht für die, die dahinter sind, die sind nicht mitgedacht, die bräuchten doch was ganz anderes, er tut es für die, die im Hellen an der Helene vorbeilaufen und mal voyeuristisch reinlinsen. Und lediglich, weil das hintere Dunkle verboten ist, wird seine Arbeit auch nur irgendwie interessant. Damit macht er die Prostituierten zu Nutten. Er beutet ihr Leben aus, ohne ihnen etwas zurückzugeben.

zurück